Kriegsverbrechen: Thailand setzt weißen Phosphor als verbotene Waffe ein

Kriegsverbrechen: Thailand setzt weißen Phosphor als verbotene Waffe ein

Die thailändische Armee setzt weißen Phosphor im Krieg gegen Kambodscha ein. In Kambodscha wird hierfür in den Nachrichten regelmäßig ein Term in Richtung „Giftiger Rauch“ benutzt, was weißen Phosphor beschreibt. Dabei ist der Rauch zwar kein klassisches Nervengift aber tatsächlich toxisch, extrem heiß und führt zu chemisch-thermischen Verbrennungen in der Lunge.

Der Einsatz von weißem Phosphor wurde von der thailändischen Armee – durch thailändische Medien wie z. B. „The Nation Thailand“ – in der Vergangenheit bereits bestätigt:

Die Thai Armee stellt sich hier auf den Standpunkt, dass weißer Phosphor nicht als verbotene chemische Waffe klassifiziert ist. Das ist zwar grundsätzlich richtig in Bezug auf die Chemiewaffenkonvention, letztendlich kommt es aber darauf an wie der weiße Phosphor eingesetzt wird. Wird weißer Phosphor lediglich zur Verschlechterung der Sicht benutzt, handelt es sich theoretisch um einen zulässigen Einsatz. Wird weißer Phosphor jedoch missbräuchlich oder in zivilen Gebieten eingesetzt, kann der Einsatz sogar ein Kriegsverbrechen darstellen.

Beim Einatmen des Rauchs von weißem Phosphor setzt sofort ein intensives Brennen in Nase, Hals und tief in der Brust ein, begleitet von einem stechenden Hitzegefühl, das das Atmen schmerzhaft und beängstigend macht. Die feinen Rauchpartikel bestehen überwiegend aus Phosphorpentoxid, das in den feuchten Schleimhäuten der Atemwege und in der Lunge augenblicklich mit Wasser reagiert und Phosphorsäure bildet. Diese chemische Reaktion verstärkt die Schädigung massiv, weil das Gewebe nicht nur durch Hitze, sondern zugleich durch eine stark ätzende Substanz angegriffen wird. Betroffene empfinden ein Gefühl, als würde die Luft selbst die Lunge angreifen, während Husten, Würgereiz und zunehmende Atemnot einsetzen und sich ein Druck in der Brust aufbaut. Die Kombination aus hoher Temperatur und chemischer Reizung führt zu chemisch-thermischen Verbrennungen der Atemwege, bei denen sich das Lungengewebe entzündet, anschwillt und seine Fähigkeit zur Sauerstoffaufnahme verliert. Selbst nach kurzer Exposition kann sich Flüssigkeit in der Lunge ansammeln, was das Gefühl des Erstickens verstärkt und die Atmung weiter einschränkt, während die verursachten Schäden fortschreiten und noch lange nachwirken können, bis hin zu schweren, dauerhaften Lungenschäden oder lebensbedrohlichem Atemversagen.

Das Übereinkommen über bestimmte konventionelle Waffen ist hier zwar nicht ausschlaggebend, bietet aber wichtige Definitionen im Zusammenhang mit dem Einsatz von weißem Phosphor. Artikel 1 des Protokolls III des Übereinkommens über bestimmte konventionelle Waffen definiert eine Brandwaffe als „jede Waffe oder Munition, die in erster Linie dazu bestimmt ist, Gegenstände in Brand zu setzen oder Personen durch die Einwirkung von Flammen, Hitze oder einer Kombination daraus Brandverletzungen zuzufügen, die durch eine chemische Reaktion eines auf das Ziel verbrachten Stoffes erzeugt werden“.

Artikel 2 desselben Protokolls verbietet den vorsätzlichen Einsatz von Brandwaffen gegen zivile Ziele – was bereits durch die Genfer Konventionen untersagt ist -, den Einsatz aus der Luft abgeworfener Brandwaffen gegen militärische Ziele in zivilen Gebieten sowie den allgemeinen Einsatz anderer Arten von Brandwaffen gegen militärische Ziele, die sich innerhalb von „Ansammlungen der Zivilbevölkerung“ befinden, ohne alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um Opfer zu minimieren. Brandbomben mit Phosphor dürfen zudem nicht in der Nähe von Zivilisten eingesetzt werden, wenn dies zu wahllosen zivilen Opfern führen kann.

Wird weißer Phosphor beim direkten Angriff feindlicher militärischer Stellungen nicht primär zur Erzielung eines zulässigen militärischen Effekts wie der Vernebelung, sondern gezielt mit der Absicht eingesetzt, Soldaten durch das Einatmen der brennenden und toxischen Stoffe schwere Verletzungen der Atemwege und Lungen zuzufügen, kann dies als Verstoß gegen das völkerrechtliche Verbot unnötigen Leidens gewertet werden. Ein solcher Einsatz nutzt die spezifischen Eigenschaften der Waffe, um übermäßige und qualvolle Verletzungen herbeizuführen, die über das zur militärischen Ausschaltung des Gegners erforderliche Maß hinausgehen und ist somit ein Kriegsverbrechen. Dieses Verbot ist in Artikel 35 der Zusatzprotokolle zu den Genfer Konventionen ausdrücklich verankert und gilt auch bei Angriffen auf grundsätzlich legitime militärische Ziele.

Unabhängig vom militärischen Angriffsziel stellt der Einsatz von weißem Phosphor ein Kriegsverbrechen dar, wenn dadurch Zivilisten gezielt oder auch nur vorhersehbar gefährdet werden. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Grundsatz der Unterscheidung nach Artikel 48 des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Konventionen sowie dem Verbot von Angriffen gegen Zivilisten nach Artikel 51 Absatz 2 desselben Protokolls. Darüber hinaus verbietet Artikel 51 Absatz 4 wahllose Angriffe, also solche, deren Wirkungen nicht auf ein konkretes militärisches Ziel begrenzt werden können. Angriffe, bei denen zu erwarten ist, dass zivile Schäden außer Verhältnis zum konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen, verstoßen zudem gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip nach Artikel 51 Absatz 5 Buchstabe b und Artikel 52 Absatz 2 Zusatzprotokoll I. Aufgrund der unkontrollierbaren Ausbreitung, der intensiven Rauchentwicklung sowie der schweren Brand- und Inhalationsverletzungen, die weißer Phosphor verursacht, kann sein Einsatz in oder nahe zivilen Gebieten als wahlloser Angriff qualifiziert werden. Zusätzlich verpflichtet Artikel 57 Zusatzprotokoll I die Konfliktparteien zu allen praktisch möglichen Vorsorgemaßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung. Ein Verstoß gegen diese Normen kann nach Artikel 8 Absatz 2 Buchstaben a und b des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs als Kriegsverbrechen verfolgt werden, selbst wenn keine Zivilisten tatsächlich getötet werden, sofern ihre Gefährdung vorhersehbar und vermeidbar war.

Die letzten Tage haben gezeigt, dass Thailand weißen Phosphor gezielt gegen Stellungen, Soldaten und in zivilen Bereichen in einer unzulässigen Weise eingesetzt hat und dürften damit Kriegsverbrechen darstellen.

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