Der „Geisterberg“ – die Killing Fields bei Preah Vihear
Mit freundlicher Genehmigung von James Taing der Preah Vihear Foundation möchten wir Ihnen hier die unglaubliche Geschichte des Dokumentarfilms „Ghost Mountain: The Second Killing Fields“ näherbringen. Weitere Informationen zum Film finden Sie auch unter www.pvfund.org (externe Webseite).
Die vergessene Tragödie von Ghost Mountain – Das Massaker am Tempelberg Preah Vihear
Nach dem Fall des mörderischen Khmer-Rouge-Regimes in Kambodscha im Jahr 1979 endete eines der schlimmsten Kapitel des 20. Jahrhunderts – und damit auch der Völkermord auf sogenannten „Killing Fields“, dem rund zwei Millionen Menschen zum Opfer fielen. Doch die Geschichte der Überlebenden endet nicht dort. Eine erschütterndes Ereignis – weit weniger bekannt – spielte sich an einem abgelegenen Ort namens Ghost Mountain, auch bekannt als der Tempelberg Preah Vihear, ab. Sie erzählt von einer weiteren Katastrophe, diesmal an der thailändisch-kambodschanischen Grenze.
Die Flucht aus dem Albtraum
Viele Kambodschaner, darunter auch Bunseng Taing, flohen nach dem Einmarsch vietnamesischer Truppen aus Kambodscha in Richtung Thailand. Die Hoffnung: Schutz, Nahrung, ein Neuanfang. In provisorischen Flüchtlingslagern an der Grenze, bewacht und kontrolliert von thailändischen Behörden, erlebten einige Familien kurzzeitig wieder Sicherheit. Doch diese Ruhe war trügerisch.
Politische Kalkulation und menschenverachtende Entscheidung
Die thailändische Regierung, überfordert von der Masse an Geflüchteten und misstrauisch gegenüber möglichen vietnamesischen Agenten, entschloss sich zu einem Akt beispielloser Grausamkeit. Im Juni 1979 wurden zehntausende Flüchtlinge unter falschem Vorwand in Busse geladen – angeblich zur Umsiedlung in sichere Lager. Tatsächlich wurden sie zum Grenzgebiet bei Preah Vihear gebracht und dort gewaltsam auf den Berg geführt. Von dort aus zwang man sie, sich über steile, minenverseuchte Klippen wieder nach Kambodscha „zurückzubewegen“. Eine Rückkehr ins sichere Leben – wie man ihnen vorgelogen hatte – war es nicht. Es war eine geplante Todesfalle.
Der Abstieg in die Hölle
Ohne Wasser, ohne Nahrung, unter dem Druck bewaffneter Soldaten und der allgegenwärtigen Angst vor Landminen begann der erzwungene Marsch. Alte Menschen stürzten Klippen hinab, Kinder mussten sich von ihren Müttern abseilen lassen, viele wurden von Minen zerfetzt. Die wenigen Überlebenden berichteten von blutüberströmten Leichen, verstreuten Gliedmaßen, von Schreien in der Nacht – Geräusche, die dem Ort den Namen „Ghost Mountain“ gaben. Nach Angaben von Überlebenden verloren etwa 13.000 der rund 42.000 Flüchtlinge auf diesem Weg ihr Leben.
Ein Überlebender erzählt
Bunseng Taing, der selbst die Killing Fields überlebt hatte, beschreibt das, was er auf Ghost Mountain erlebte, als noch schlimmer als seine Zeit in den Arbeitslagern der Khmer Rouge. Zusammen mit seiner Familie schlug er sich drei Monate lang durch den Dschungel Kambodschas zurück nach Thailand, wo er schließlich legal in einem Flüchtlingslager aufgenommen und später in die USA umgesiedelt wurde.
Jahre später fand er durch Zufall den Mann wieder, der ihn einst gerettet hatte – ein bewegender Moment, der den Ausgangspunkt für die dokumentarische Aufarbeitung dieser kaum bekannten Tragödie bildete. Für Bunseng war es nicht nur ein Akt der Dankbarkeit, sondern auch der Bewahrung eines verdrängten Kapitels der Geschichte.
Das Schweigen der Weltöffentlichkeit
Die internationale Reaktion auf das Massaker am Preah Vihear war spärlich. Einige wenige westliche Helfer versuchten, Aufmerksamkeit zu erzeugen – doch sie wurden von thailändischen Soldaten gewaltsam aus den Lagern entfernt. Selbst als später Hinweise auf die Grausamkeit durchsickerten, blieb der Aufschrei aus. Die meisten Überlebenden schwiegen aus Scham, Angst oder weil niemand ihnen zuhörte. In Kambodscha selbst wissen heute viele junge Menschen nichts über das Ereignis.
Die Lehren aus Ghost Mountain
Ghost Mountain steht als mahnendes Symbol für das Versagen internationaler Schutzmechanismen, für politische Gleichgültigkeit und für das immense Leid von Menschen, die zwischen die Fronten geraten. Es zeigt aber auch, was Hoffnung und Menschlichkeit bewirken können: Menschen wie Bunseng Taing, die trotz allem weiterleben, ihre Geschichte erzählen und durch ihre Kunst ein Fenster zu einer Vergangenheit öffnen, die niemals vergessen werden darf.